Spiegelmetapher

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Fotographie ist Spiegelung der Außenwelt und zugleich Spiegelung der Innenwelt. Es braucht dazu keine Spiegelreflexkamera,  obschon diese Kamera-Bezeichnung so treffend das Verhältnis von Subjekt und Objekt auf den Begriff bringt: zum einen reflektiert der Spiegel die „Welt“ draußen, zum anderen aber hält er den Blick von innen nach draußen fest.

Lesenswert ist dazu das Buch von Ralf Konersmann: Lebendige Spiegel. Die Metapher des Subjekts ( Fischer Wissenschaft): „Die Geschichte neuzeitlicher Subjektivität, mit allen ihren Potenzen und Gefährdungen, findet sich in Literatur und Kunst in einer zentralen Metapher gleichsam kristallisiert: der Metapher des Spiegels. Der Spiegel verbildlicht nicht nur die Momente der Selbstanschauung, der Selbstvergewisserung und Selbstkontrolle, aus denen sich das moderne Subjekt überhaupt erst hervorbringt, sondern auch die unabwendbar damit einhergehende Verfälschung und Eintrübung, ja sogar die Möglichkeit des Zersplitterns in unzählige, einander aufhebende Perspektiven. Wie genau sich die Genese des abendländischen Subjekts aus der Geschichte dieser „Sprengmetapher“ herausbuchstabieren läßt, zeigt Konersmann … in seiner ‚Kleinen Geschichte der Spiegelmetapher‘. Ergänzende hermeneutische Untersuchungen zu Kleist und Goethe veranschaulichen, wie das Subjekt allmählich auch des eigenen fiktionalen Charakters innewird: Der Raum (hinter )dem Spiegel ist unendlich fern.“ (Beschreibung bei amazon)

Damit wird auch ein wesentlicher Aspekt von  Fotografie berührt. In Anlehung dazu: Es geht in der Fotografie auch immer um das Selbst und die Anderen und das Andere: Anschauung, Vergewisserung und Kontrolle des Anderen, des Fremden. Selbst- und Fremdwahrnehmung (!). Auch die scheinbar „objektive“ Wahrnehmung des Anderen bringt das Subjekt hervor. Auch hier ist die „einhergehende Verfälschung und Eintrübung“ systemimmanent, allerdings schafft der Blick durch die Kamera nicht nur Zersplitterung, sondern eröffnet Perspektive und Perspektiven.

Das Selbst und das Andere werden in Beziehung gesetzt über die Fotografie. Draußen und drinnen, Außen und Innen, Subjekt und Objekt, Vertrautes und Fremdes beziehen sich aufeinander.

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